Wie Kloten zum Umschlagplatz extremistischer Ideologien geworden ist
In Kloten entstand in den letzten Jahren ein Hotspot für Staatsverweigerer:innen, Verschwörungsideolog:innen und Rechtsextremist:innen. In Räumlichkeiten, die der Stadt gehören.
Mitte Dezember trafen sich in Kloten (ZH) Neonazis des international agierenden militanten rechtsextremen Netzwerks «Blood & Honour» und die rechtsextreme «Junge Tat» mit Funktionär:innen der AfD. Recherchen von «Recherche Nord» und «Correctiv» legten das gesellige Treffen rund um gemeinsame An- und Absichten offen. Eigentlich sollte das Treffen im Rössli-Saal in Illnau-Effretikon (ZH) stattfinden. Doch die Stadt verbot die Veranstaltung.
Die Neonazis schleusten die Teilnehmenden des Abends darum via Parkplatzzwischenstopp – in der Szene ein gängiges Vorgehen, um konspirative Veranstaltungen ungestört durchzuführen – nach Kloten ins Restaurant «83NullZwei».
Wie der «Zürcher Unterländer» berichtete, sah der SVP-Stadtpräsident von Kloten, René Huber, in diesem Treffen «kein Problem». Anders sahen das Mitglieder des Stadtparlaments. Sie schreiben in einer schriftlichen Anfrage an die Stadtregierung zu Hubers öffentlichen Äusserungen: «Unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit wird dem menschenverachtenden und demokratiefeindlichen Weltbild der Jungen Tat eine Legitimation zugesprochen. Dadurch wird dazu beigetragen, dass solche gefährlichen Ansichten wieder salonfähig werden.»
«Etwas versteckt neben dem Eingang zum Freibad Kloten, ist das Restaurant 83nullzwei noch ein echter Geheimtipp. Das neugestaltete Restaurant mit Terrasse, Festzelt und eigener City Beach ist eigentlich viel zu gut für eine Badibeiz», schrieb der «Zürcher Unterländer» über das Lokal.
Das «83Nullzwei» ist Gastropartner des EHC Klotens. Vor dem Match kann in der nahegelegenen Premium-Badibeiz Raclette genossen werden. Abseits der Matchtage und Badesaison muss aber auch was gehen im 83NullZwei. «Burger, Wein & Philosophie. Eine philosophische Vortragsreihe von und mit Andreas Thiel» zum Beispiel.
Der Schweizer Satiriker, Autor und Filmproduzent war schon vor 2020 selbsternannter «Querdenker», für den «Staat» und «Steuern» Unwörter sind. Ihm gelingt ein bemerkenswerter Spagat. Seit Corona wird er in massnahmen- und staatskritischen Telegramkanälen abgefeiert. Kein Wunder, bei Demonstrationen wetterte er gegen die Massnahmen und den damaligen Bundesrat Alain Berset. Auf der einschlägigen Plattform «Kontrafunk» hat Thiel seit Jahren eine eigene Sendung. Warum sich drei seiner Firmen – eine davon ist die Produktionsfirma des Films «Kalbermatten» – ihr Briefkastenzuhause im Kanton Zug mit «Kontrafunk» teilten, verriet er dem «Blick» nicht.
Gleichzeitig tourt Thiel mit Kabarettprogrammen und Vorträgen durch die Schweiz und alle grossen Medien berichten bei seinem «Comeback», wie «umstrittene Aussagen zum Islam und ein kontrovers diskutierter Auftritt in Roger Schawinskis Talkshow» 2014 seine Existenzgrundlage vernichtet habe.
Das «83Nullzwei» ist Gastropartner des EHC Klotens. Vor dem Match kann in der nahegelegenen Premium-Badibeiz Raclette genossen werden. Abseits der Matchtage und Badesaison muss aber auch was gehen im 83NullZwei. «Burger, Wein & Philosophie. Eine philosophische Vortragsreihe von und mit Andreas Thiel» zum Beispiel.
Der Schweizer Satiriker, Autor und Filmproduzent war schon vor 2020 selbsternannter «Querdenker», für den «Staat» und «Steuern» Unwörter sind. Ihm gelingt ein bemerkenswerter Spagat. Seit Corona wird er in massnahmen- und staatskritischen Telegramkanälen abgefeiert. Kein Wunder, bei Demonstrationen wetterte er gegen die Massnahmen und den damaligen Bundesrat Alain Berset. Auf der einschlägigen Plattform «Kontrafunk» hat Thiel seit Jahren eine eigene Sendung. Warum sich drei seiner Firmen – eine davon ist die Produktionsfirma des Films «Kalbermatten» – ihr Briefkastenzuhause im Kanton Zug mit «Kontrafunk» teilten, verriet er dem «Blick» nicht.
Gleichzeitig tourt Thiel mit Kabarettprogrammen und Vorträgen durch die Schweiz und alle grossen Medien berichten bei seinem «Comeback», wie «umstrittene Aussagen zum Islam und ein kontrovers diskutierter Auftritt in Roger Schawinskis Talkshow» 2014 seine Existenzgrundlage vernichtet habe.
Zurück zur Badibeiz «83NullZwei». Andreas Thiel tritt nicht nur dort regelmässig auf, sondern war auch Redner im Stadtsaal Kloten, der auf dem gleichen Gelände liegt. Eine Einladung zum «Dinner mit Input» versprach, dass Andreas Thiel «etymologisch die Demokratie seziert», ein weiterer Referent würde «seine hochexplosiven wissenschaftliche Erkenntnisse über die Sprengung von Nordstream 2 teilen», der dritte Referent erkläre, «wie die Pharma-Mafia uns noch weiter ausnutzen möchte».
Politiker:innen befürchten «Hort des Rechtsextremismus»
Beim «Dinner mit Input» handelt es sich um eine Veranstaltungsreihe unter dem Patronat von «Aufrecht Zürich». Sie wird seit 2021 von Remko Leimbach mitorganisiert und moderiert. Leimbach ist Präsident der Partei «Aufrecht Schweiz», die sich selbst als «Bürgerbewegung» bezeichnet und aus der Querdenken-Szene hervorgegangen ist.
Corona hat Leimbach politisiert. Er bekämpfte lokal die «staatliche Schädigung» durch die Maskenpflicht an der Primarschule, eines seiner Kinder wechselte ins Homeschooling, erzählte er «Hoch2TV». Der rechtskonservative «Nebelspalter» schrieb über ihn: «Leimbach spricht von Angstkampagnen, mit denen die Bürger gefügig gemacht würden. Dazu zählt er die Warnungen vor der Pandemie, aber auch die vor dem Klimawandel. Dass der Westen in der Ukraine seine Werte verteidige, hält er für ein Täuschungsmanöver».
Und: Remko Leimbach ist auch der Pächter des Restaurants «83NullZwei», aus dessen Küche die «Dinner» stammen. Das Restaurant gehört, wie auch die Stadthalle, als Teil des Zentrum Schluefweg der Stadt Kloten.
Mit ihrer schriftlichen Anfrage wollen die Parlamentarier:innen aus Kloten die Stadt nach dem Treffen der Rechtsextremen im Dezember in die Verantwortung nehmen. Sie schreiben: «Nach einem so gravierenden Vorfall ist es dringend angezeigt, das Verhältnis zum derzeitigen Pächter zu überdenken. Es muss verhindert werden, dass das Zentrum Schluefweg ein Hort des Rechtsextremismus wird.»
Es drängt sich die Frage auf, ob der Alarm der Lokalpolitiker:innen allenfalls etwas spät anschlägt. FLIMMER.MEDIA hat die Referentenliste der «Dinner mit Input» in der Stadthalle analysiert. Unter den Referenten befinden sich einflussreiche Figuren aus der Welt der Staatsverweigerer:innen, Verschwörungsideolog:innen, Putin-Versteher:innen und Rechtsextremist:innen.
Die «Dinner mit Input» im Stadtsaal Kloten dürften sich in der Schweiz als eine der zentralen Vernetzungsmöglichkeiten der staatskritischen bis staatsfeindlichen Szene etabliert haben. Mehrere Hundert Gäste würden die Dinner gemäss Veranstalter jeweils besuchen.
Die Stadt Kloten beantwortete die Fragen von FLIMMER.MEDIA mit Verweis auf die hängige Anfrage im Parlament nicht. Remko Leimbach und «Aufrecht Zürich» reagierten nicht auf eine Anfrage.
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Unsere Quellen
Correktiv.org: Kein Geheimtreffen gegen Deutschland – wir waren trotzdem dabei
Zuonline.ch: Rechtsextreme Gruppe findet in Kloten Unterschlupf
Bernerzeitung.ch: Thiel punktet mit Stasi-Vergleich, Rima als «stolzer Idiot»
Kontrafunk.radio: Yoyogaga mit Andreas Thiel
Nebelspalter.ch: Ein Klotener Gastronom drängt auf die grosse Bühne
Kloten.ch: Anfrage; Max Töpfer, SP und Diana Diaz, Grüne; Junge Tat im Zentrum Schluefweg
Tagesanzeiger.ch: «Ein solcher Rufmord macht dich zum Zombie»
Blick.ch: Ueli Maurer posiert als Freiheitstrychler
Tagesschau.de: Profil eines Verweigerers
Mdr.de: Extreme Verbindungen in der Werteunion
Mdr.de: Wird die Leopoldina politisch instrumentalisiert?
Faz.net: Nestbeschmutzer in der Nationalakademie
Schweizermonat.ch: Gefälligkeitswissenschaftler und Hofmedien
Juedische-allgemeine.de: Felix Klein warnt vor judenfeindlichen Verschwörungstheorien
Tagesschau.de: Ein "Crash-Prophet" und seine Reichsbürger-Kontakte
Handelsblatt.com: Crashprophet geht wieder unter die Goldhändler – das steckt dahinter
Belltower.news: Wie der „Finanzexperte“ und Corona-Leugner „Silberjunge“ Antisemitismus befeuert
Tippinpoint.ch: Marc Steiner: «Ein Wechsel des Geldsystems würde ins Chaos führen»
Watson.ch: Wie auch du in Bitcoin & Co. anlegen kannst – und Fehltritte vermeidest
Taz.de: „Ein Klima-Sarrazin“
Scilogs.spektrum.de: Wie Fritz Vahrenholt den Bundestag für dumm verkaufen wollte
Kleinezeitung.at: Umstrittener „Klimaexperte“ wird in Lienz auftreten
Moment.at: Bernhard Strehl: Ein Klimakrisen-Verleugner, der keiner sein möchte
Ef-magazin.de: Carlos Gebauer am 02.07.2011 in Offenburg
Spiegel.de: Maaßen-Mitgliedschaft spaltet Hayek-Gesellschaft
Watson.ch: EDA bestellt russischen Botschafter ein, Botschaft reagiert – das Wichtigste in 3 Punkten
Blick.ch: Putins «Nachtwölfe» feiern vor Denkmal mitten in der Schweiz
Tagesanzeiger.ch: Gefallener Hoffnungsträger wehrt sich gegen Putin-Fans
Tagesanzeiger.ch: Gefallener Spitzendiplomat sieht sich als Opfer von Spionage, SVP und Medien
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Tagesanzeiger.ch: Schweizer Ex-Banker ruft zum Mord an Juden und Bundesrat auf
Zentralplus.ch: Berset angezeigt: Luzerner scheitert vor Bundesgericht
Spiegel.de: Die gefährlichen Falschinformationen des Wolfgang Wodarg
20min.ch: Marco Rima provoziert erneut – «Blackfacing ist nichts Schlimmes»
Nau.ch: Lehrer-Verein lädt Roger Köppel und Marco Rima ein – Kritik
Swissinfo.ch: Daniele Ganser vermittelt Fake News zum Krieg in der Ukraine – und ein gutes Gefühl
Ndr.de: Umstrittener Historiker: Wer ist Daniele Ganser?
Saiten.ch: Von der Strasse in die Politik
Tagblatt.ch: Kolumnist und Spötter findet noch eine Bühne
Correktiv.org: Wie die Corona-Leugner ein internationales Netzwerk aufbauten
Taz.de: Der Verschwörung auf der Spur
Nzz.ch: Das Geschäft mit der Angst vor dem Kurssturz
Psiram.com: Hans-Benjamin Braun
Blick.ch: AfD-nahes Radio hat Sitz in der Schweiz
Derstandard.at: Lebensgefährlicher Unsinn zum Wahlkampffinale
T-online.de: Nach Ballweg kommen noch Schiffmann und Bhakdi dran
T-online.de: Scientologe half "Querdenken" aus den Startlöchern
T-online.de: Ken Jebsens Flucht aus Deutschland
Katapult-magazin.de: Ken Jebsen will Medien zum Schweigen bringen
Beobachter.ch: Tausende wenden sich vom Staat ab
Blick.ch: Wie SVP-Hardliner den US-Botschafter attackierten
heisst mit bürgerlichem Namen Anna Bursian. Sie ist Gründerin von FLIMMER.MEDIA. Lotta hat sich auch durch jahrelange investigative Recherchen eine umfassende Expertise zu demokratiefeindlichen Bewegungen und Strukturen aufgebaut. Vor FLIMMER.MEDIA publizierte sie in verschiedenen Medien in der Schweiz und Deutschland.
ist Gründerin von FLIMMER.MEDIA. Die diplomierte Journalistin (MAZ – Institut für Journalismus und Kommunikation, Luzern) und beschäftigt sich seit Jahren mit extremistischen Tendenzen und Milieus. Sie wurde 2022 als eine der besten 30 Schweizer Journalist:innen unter 30 ausgezeichnet. Im selben Jahr stand sie auf der Shortlist für die Auszeichnung «Newcomerin des Jahres». 2023 erreichte sie die Shortlist-Nomination als «Gesellschaftsjournalistin des Jahres». Vor FLIMMER.MEDIA arbeitete sie bei verschiedenen Publikationen in Basel.